Schliffarten & Klingenformen bei Küchenmessern
Was steckt dahinter – und welche Form ist wofür ideal?
Die Wahl der richtigen Schliffart und Klingenform entscheidet maßgeblich darüber, wie ein Küchenmesser schneidet, wie es sich anfühlt und für welche Arbeiten es geeignet ist. Beide Faktoren werden oft unterschätzt – sind aber entscheidender als Optik oder Material allein.
Was ist die Schliffart eines Messers?
Die Schliffart beschreibt, wie die Klinge zur Schneidkante hin geschliffen ist – also in welchem Winkel und mit welcher Geometrie sich die beiden Seiten der Klinge zur Schneide hin verjüngen.
Sie beeinflusst:
Schneidverhalten
Schnitthaltigkeit
Stabilität der Schneide
Kraftaufwand beim Schneiden
Die wichtigsten Schliffarten im Überblick
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Der klassische V-Schliff ist der Standard bei europäischen Küchenmessern.
Beidseitiger Schliff (meist 50/50)
Stabil und vielseitig
Einfach nachzuschärfen
Ideal als Allround-Schliff
Perfekt für: Kochmesser, Allzweckmesser, Einsteiger & Profis
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Wird häufig bei japanischen Küchenmessern eingesetzt.
Eine Seite steiler, die andere flacher
Bessere Schneidleistung
Weniger Schnittwiderstand
Präziser für feine Arbeiten
Nachteil:Erfordert mehr Erfahrung beim Nachschärfen
Besonders gut für: Santoku, Gyuto, Kiritsuke
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Traditionell für japanische Spezialmesser wie Yanagiba, Deba oder Usuba.
Nur eine Seite geschliffen
Rückseite meist hohl (Ura)
Extrem präzise Schnitte möglich
Sehr dünne Schneide
Nachteil: sehr empfindlich und spezialisiert#
Ideal für: Fisch, Sushi, Sashimi, präzisestes Schneiden
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Eine leicht nach außen gewölbte Schneidgeometrie.
Extrem stabil
Sehr gleitfreudig im Schnittgut
Kein „Festkleben“ von Lebensmitteln
Sehr langlebig
Der konvexe Schliff ist besonders aufwendig und wird meist handgeschliffen.
Perfekt für: hochwertige handgeschmiedete Messer
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Hier ist die Klinge leicht nach innen gewölbt.
Sehr dünne Schneide
Minimale Reibung
Extrem scharf, aber auch empfindlicher
Wird bei Küchenmessern eher selten eingesetzt, eher bei Spezialklingen.
Bei japanischen Klingen wird oft ein minimaler Hohlschliff vorkommen weil die Klingen oft mit großen runden Schleifsteinen hergestellt werden.
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Der S-Schliff ist eine besondere Schlifftechnik, bei der sich halbkreisförmige Ausnehmungen entlang der Klinge befinden. Diese sind meist auf einer Seite – seltener auf beiden – eingearbeitet und erinnern optisch an eine Wellen- oder S-Form.
Im Englischen wird diese Technik häufig als Scalloped Grind oder Hollow Scallops bezeichnet.
Der S-Schliff ist dabei kein klassischer Anschliff zur Schneide hin, sondern eine zusätzliche Geometrie in der Klingenflanke, oberhalb der Schneidfase.
Funktion des S-Schliffs beim Schneiden
Der größte Vorteil liegt in der Reduzierung der Auflagefläche zwischen Klinge und Schnittgut.
Beim Schneiden von feuchten oder stärkehaltigen Lebensmitteln (z. B. Kartoffeln, Gurken, Kürbis) entsteht durch die Ausnehmungen:
weniger Reibung
weniger Anhaften von Lebensmitteln
verbessertes Ablösen des Schnittguts
Es wirkt wie ein Luftpolster zwischen Klinge und Lebensmittel.
Das Messer „gleitet“ spürbar besser durch das Schnittgut.
Vorteile des S-Schliffs
Geringeres Anhaften von Lebensmitteln
Weniger Kraftaufwand beim Schneiden
Besonders effektiv bei Gemüse & Obst
Optisch sehr markant
Erhöhte Performance bei Serien von gleichmäßigen Schnitten
Besonders beliebt ist der S-Schliff bei:
Kochmessern
Santoku-Messern
Nakiri (Gemüse-Messern)
Gibt es Nachteile?
Ja – wie bei fast jeder Spezialisierung:
Aufwendiger in der Herstellung
Aufwendiger zu schleifen
Weniger stabil als durchgehende Flanken
Nicht für sehr harte oder faserige Materialien geeignet
Ein Messer mit S-Schliff sollte nicht zum Hebeln, Hacken oder für Knochen verwendet werden.
Ist der S-Schliff besser als ein normaler Schliff?
Das kommt auf den Einsatzzweck an.
Ein S-Schliff ist kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zu einer guten Grundgeometrie (z. B. V-Schliff oder konvexem Schliff).
Am besten funktioniert er bei:
- Dünnen, scharfen Klingen
- Feinschliff (Santoku, Gyuto)
- Gemüse & Obst
- Sauberen, kontrollierten SchnittenNicht ideal ist er bei:
- Grobarbeit
- Knochen & Knorpel
- Sehr harten LebensmittelnDer S-Schliff ist eine hochfunktionale Spezialisierung für maximale Schnittleistung bei minimaler Reibung. Richtig eingesetzt, verbessert er das Schneidgefühl messbar – ist aber kein Allround-Schliff für jede Aufgabe.
Klingenformen – welche Form für welche Aufgabe?
Japanische Messer vs. westliche Messer
Japanische Messer sind meist dünner, härter und schärfer, oft mit hochklassigen Carbon- oder Pulverstählen (z. B. Aogami, VG-10). Sie bieten extreme Schneidleistung und sind ideal für präzise Arbeiten, feine Schnitte und Gemüse. Nachteile: empfindlichere Schneide, weniger geeignet für grobe Arbeiten.
Westliche Messer (z. B. deutsche Kochmesser) sind robuster, dicker und zäher, meist aus rostfreiem Stahl. Sie halten Belastung, Knochenkontakt und Wiegeschnitt besser aus, sind pflegeleichter und verzeihen Fehler – schneiden dafür aber nicht so fein wie japanische Messer.
Kurzfazit:
Japanische Messer = maximale Schärfe & Präzision.
Westliche Messer = Robust, vielseitig & alltagstauglich.
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Der Allrounder in der Küche.
Klingenspitze für präzise Arbeiten
Bauch für Wiegeschnitt
Länge meist 20–24 cm
In Europa sehr verbreitet
Ideal für: 80–90 % aller Schneidarbeiten
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Das klassische japanische Allzweckmesser.
Flachere Schneide
Gerade Spitze
Höhere Klinge
Sehr kontrolliertes Schneidgefühl
Perfekt für: Gemüse, Fisch, Fleisch
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Ein reines Gemüsemesser.
Rechteckige Form
Keine Spitze
Perfekt für geraden Schnitt
Extrem effizient bei Gemüse
Ideal für: vegetarisierte & vegane Küche
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Bunka
Dem Santoku ähnlich, aber mit „K-Tip“ Spitze.
Aggressiver Look
Extrem präzise Spitze
Top für feine Schnitte & Details
Ideal für: fortgeschrittene Köche
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Das Kiritsuke ist eine traditionelle japanische Klingenform, die man sich als Mischung aus Gyuto (Kochmesser) und Yanagiba (Sashimi-Messer) vorstellen kann. Typisch ist die markante, scharf zulaufende Spitze („K-Tip“) und eine eher gerade Schneide, wodurch sich das Messer sowohl für präzise Schnitte als auch für Zieh- und Feinarbeiten eignet.
Ursprünglich galt das Kiritsuke in japanischen Profiküchen als Chef-Messer, das nur vom Küchenchef geführt werden durfte – also ein Werkzeug für erfahrene Köche. Durch seine Form ist es ideal zum feinen Portionieren von Fisch, Gemüse und Fleisch, aber weniger ein klassisches Einsteigermesser, sondern eher etwas für ambitionierte Hobbyköche und Profis, die eine vielseitige, aber sehr direkt schneidende Klinge suchen.